Trollinger Alte Reben 2023 – Weingut Schnaitmann

Bei meiner letzten Weinbestellung legte ich auch ein paar Flaschen vom Trollinger Alte Reben 2023 vom Weingut Schnaitmann in den Einkaufswagen. Das war nicht mein erster Jahrgang. Zum einen gefällt mir die moderne Stilistik von Schnaitmann-Trollinger. Zum anderen erinnert er mich an manchen Trollinger mit Lemberger trocken aus meiner Jugendzeit beim Fellbacher Herbst.

Das Weingut Rainer Schnaitmann liegt in Fellbach bei Stuttgart und baut heute auf rund 24 ha Reben an – davon etwa 10 % Trollinger Der Betrieb mit familiärer Geschichte (seit mindestens 15 Generationen) wurde 1997 von Rainer Schnaitmann gegründet und ist seit 2006 Mitglied im VDP, prämiert mit 5 Sternen im Eichelmann und Gault Millau. Seit der Bio-Zertifizierung 2013/16 arbeitet Schnaitmann bewusst naturnah und biodynamisch, verzichtet auf neues Holz und nutzt spontane Gärung. So auch bei vielen Trollinger-Weinen . Im Betrieb sind Steillagen wie Fellbacher Lämmler, Götzenberg und Mönchberg, deren kalk- und steinreiche Böden den Weinen Struktur und Mineralität geben.

Trollinger war einst das Standardprodukt Württembergs, oft süß und rustikal. Doch Schnaitmann hebt die Traube auf ein Qualitätsniveau, das an Burgund oder Beaujolais erinnert. Besonders bekannt ist seine Serie „Trollinger Alte Reben“: Trauben von 30–45 Jahre alten Reben, spontan vergoren, ausgebaut im alten Holz, unfiltriert und ohne Schwefel. Diese Weine zeigen strahlende Kirschfarbe, Duft nach Sauerkirsche, Veilchen, Walderdbeeren und dezenter Kräuterwürze. Am Gaumen verbinden sie saftige Frucht, lebendige Säure und feinkörnige Tannine – mit burgundischem Flair, bei moderatem Alkohol (um 11 %).

Zusätzlich zum klassischen „Alte Reben“ produziert Schnaitmann den leichten Nat’Cool Trollinger. Teil eines internationalen Naturweinprojekts mit Dirk Niepoort, spontan vergoren im Edelstahl, vegan und alltagstauglich. Beide Trollinger-Varianten sind Bioweine und zeigen, wie vielseitig die Rebsorte sein kann. Der Alte Reben eignet sich hervorragend zu Pilzgerichten, Wild oder Maultaschen, der Nat’Cool ist ein frischer Sommerwein für Maultaschen, Kräuterquark oder einen spontanen Abend im Garten.

Schnaitmanns Stil geht über das Gewohnte hinaus. Er verbindet Tradition mit modernem Qualitätsdenken. Ohne neue Barriques, ohne Schwefel, mit Fingerspitzengefühl und Bio-Philosophie schafft er eigenständige Weine. Seine Trollinger repräsentieren, wofür er steht: Rebsorten mit Rückgrat, die Frische, Herkunft und Trinkfreude zugleich vermitteln. In Württemberg setzt er ein Zeichen – und zeigt, dass auch regionale Trauben tief, vielschichtig und gehaltvoll sein können.

Trollinger Alte Reben 2023 - Schnaitmann
Trollinger Alte Reben 2023 – Schnaitmann

Verkostungsnotiz Trollinger Alte Reben 2023

Weingut Schnaitmann hebt mit seinem Trollinger Alte Reben 2023 ein echtes Juwel aus der oft unterschätzten Trollinger-Traube auf ein Niveau, das man eher in Burgund erwarten würde. Gekeltert aus Selektionen besonders reifer Trauben von 30 bis 45 Jahre alten Reben, spontan mazeriert und mehrheitlich im gebrauchten 300‑Liter-Barrique sowie Edelstahl ausgebaut, wirkt er ehrlich und kompromisslos bio‑vinifiziert. Im Glas zeigt sich ein strahlendes Kirschrot mit leicht bedecktem Rand. Die Nase ist anfangs kühl und kräuterig. Aromen von Eukalyptus, Veilchen und Flieder mischen sich mit Noten von Sauerkirschen, Schlehe, Walderdbeeren und subtiler Wacholderholzwürze. Der erste Schluck ist lebendig wie ein göttlicher Cru aus dem Beaujolais: saftig, mit burgundischer Eleganz, schlanker Säure und feinen, mürben Tanninen. Fruchtige Noten von Walderdbeeren, Rhabarber gepaart mit kräuteriger Tiefe und einem Hauch Malzgetreide am Nachhall schaffen eine grandiose Harmonie aus Grip und Frische. Trotz seiner Leichtigkeit, nur 11,5 % Alkohol, wirkt er energetisch und kompromisslos. Der Wein zeigt Schnaitmanns Fähigkeit, aus vermeintlich einfachen Sorten Charakterweine von großer Herkunft zu kreieren.

Falstaff vergibt 94 Punkte, Tesdorpf 93 Punkte und lobt seine Fähigkeit, Vorurteile gegen Trollinger aufzubrechen. Der Vinum Weinguide nennt ihn eine Blaupause für die Zukunft der Rebsorte – charaktervoll, dezent herzhaft und dennoch ohne rustikale Ecken. Für mich trägt der 2023er die Balance zwischen Spontanität und Finesse in sich, die echte Große Gewächse auszeichnen. Die Kombination aus alten Reben, spontaner Gärung und alter Fassreife verleiht dem Wein eine unaufdringliche Textur und Tiefe. Er ist bereits jetzt ein Trinkvergnügen, wird sich aber bis mindestens 2028 bestens entwickeln. Dank der lebendigen Säurestruktur ist er ein idealer Begleiter zu Lamm, Pilzgerichten oder herzhaften Pasta. Trotz einfacher Herkunft wirkt er ungemein raffiniert – ein Meisterwerk, das zeigt, wie faszinierend regionaler Naturwein sein kann. Der Trollinger Alte Reben 2023 ist keine Eintagsfliege, sondern ein Statement. Er vereint Saftigkeit, Klarheit und Spannung, ohne in Komplexitäts-Pose zu verfallen. Ein regionaler Spitzenwein, den man mit Aufmerksamkeit und Freude genießen sollte.

Fazit Trollinger Alte Reben 2023

Vom Trollinger Alte Reben hatte ich schon manchen Jahrgang im Glas. In manchem Jahr war mir der noch junge Wein noch zu herb. Aber durch Reifung wurde er nach 1-3 Jahren runder. Der 2023 hat jetzt schon eine sehr gute Genußreife. Für rund 15-16 Euro für die 0,75 l Flasche ist es immer noch eine sehr gutes Preis- Leistungsverhältnis. Erhältlich direkt ab Weingut oder im gut sortierten Wein-Fachhandel wie Pinard de Picard.

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